Der Morgen dämmerte in blassen Goldtönen, als wir unser fliegendes Fahrrad erneut bestiegen. Die Pedale knarrten leise, die Schwingen unserer leichten Konstruktion entfalteten sich im Sonnenlicht wie die Flügel eines gigantischen Schmetterlings. Der Wind trug uns ostwärts, über Felder, Wälder, und den endlosen Spiegel der Donau, deren Wasser wie geschmolzenes Glas dahinfloss.
Bald erhob sich am Horizont eine Silhouette, die so majestätisch wirkte, dass man meinen konnte, eine Stadt aus Marmor und Musik schwebe auf dem Strom: Budapest, die unangefochtene Königin an der Donau.
Von Norden her kommend, bot sich uns ein Anblick, der selbst die kühnsten Erwartungen übertraf: Auf der einen Seite, hoch und würdevoll, das Burgviertel von Buda, mit der gotischen Matthiaskirche und der Fischerbastei, deren weiße Türme wie aus einem Märchenbuch Wellen aus Stein formten. Auf der anderen Seite, jenseits der Kettenbrücke, breitete sich Pest aus – pulsierend, elegant, gekrönt vom imposanten Parlamentsgebäude, dessen neugotische Fassaden im Morgendunst glühten wie von innen erhellt.
Wir kreisten einmal über der Kettenbrücke, diesem Meisterwerk aus Eisen und Stein, und spürten in den Seilen fast die Schwingung vergangener Jahrhunderte. Darunter zog die Donau träge, doch unermüdlich, und trennte – oder besser: verband – die beiden Hälften dieser einzigartigen Metropole.
Ich konnte nicht umhin, an jene Visionäre zu denken, die diese Stadt prägten: Könige, Architekten, Komponisten – und all jene stillen Träumer, die wie König Ludwig einst davon geträumt haben, die Welt aus der Luft zu sehen. Vielleicht, so dachte ich, hätte auch er hier verweilt, auf einem Balkon mit Blick auf den Strom, und sich vorgestellt, wie er in einer Maschine durch die Lüfte über die Dächer der Stadt gleitet.
Von oben war Budapest wie eine Partitur: das gleichmäßige Blau der Donau als tiefer Grundton, die Kuppeln und Türme als aufsteigende Melodielinien, das unruhige Straßenleben als sanftes Tremolo in der Ferne.
„Hier“, sagte mein Gefährte, während wir eine weite Schleife zogen, „hier tanzt Geschichte im Walzertakt, und jede Brücke ist ein Taktstrich zwischen den Jahrhunderten.“
So hielten wir einen Augenblick inne, ließen die Pedale ruhen und schwebten still über der Stadt.