Luzern – Vom See zu den Bergen – Der Morgen brach in sanften Farben an, als unser fliegendes Fahrrad über das funkelnde Band der Reuss glitt. Vor uns lag Luzern, von Bergen umarmt, die Dächer im goldenen Schimmer der Sonne. Die Kapellbrücke spannte sich wie ein bemalter Bogen über den Fluss, ihr hölzerner Gang ein lebendiges Bilderbuch vergangener Jahrhunderte. Neben ihr wachte der Wasserturm, fest und geduldig, als hielte er das Herz der Stadt in seiner steinernen Hand.

Am Ufer glänzte das Kultur- und Kongresszentrum mit seiner modernen Fassade, während hinter ihm das alte Luzern weiteratmete – stille Plätze, schmale Gassen, die zum See hin abfielen. Über den Dächern ragten die Zwillingstürme der Hofkirche, und aus der Ferne grüßte der Pilatus mit seinem zackigen Grat.
Wir hoben uns höher, folgten dem glitzernden Spiegel des Vierwaldstättersees, dessen Ufer sich wie ein gefaltetes Band zwischen Wiesen und Fels schlängelten. Weiße Schiffe glitten dahin, als trügen sie leise Geschichten von Postkarten und Sommern in sich.
Dann wurde das Blau tiefer, die Täler enger, der Himmel klarer. Hinter uns verschwand Luzern, vor uns wuchsen Gipfel auf – bis er erschien: das Matterhorn, 4478 m, kühn und einsam, ein steinernes Segel im Meer der Wolken. Sein Schnee glühte im ersten Licht wie reines Silber, und wir wussten:
Hier endet kein Weg – hier beginnt ein neuer.
Ich erinnerte mich an Edward Whymper, den englischen Bergsteiger, der am 14. Juli 1865 mit seiner Seilschaft als Erster den Gipfel erreichte.
Es war ein Triumph – und eine Tragödie. Auf dem Abstieg riss ein Seil, vier Männer stürzten in den Tod, und das Matterhorn nahm ihre Namen in den Nebel der Geschichte auf. Seitdem steht es da wie ein stiller Zeuge, schön und unnahbar, ein Berg, der Ehrfurcht gebietet und doch ruft wie eine ferne Stimme aus Stein.
Wir umkreisten den Gipfel, spürten die Stille, die selbst den Wind zum Schweigen brachte, und setzten dann unseren Flug fort – tiefer hinein in das Herz der Alpen.