Durch Vulkanland – Die Fahrt ins Brohltal

Ein kurzer, letzter Pfiff – und die Räder der Mallet setzen sich kraftvoll in Bewegung. Die sanfte Vibration der Lokomotive überträgt sich auf die Wagen, das Fenster klappert leise, während sich der Zug aus dem Bahnhof Brohl-Lützing löst. Hinter uns gleitet der Rhein davon, ein schimmerndes Band in der Ferne. Vor uns öffnet sich ein anderes Reich: das Brohltal – geheimnisvoll, uralt, von Feuer und Wasser geformt.

Die Brohltalbahn, im Volksmund liebevoll auch „Vulkan-Express“ genannt, klettert auf schmaler Spur durch eine Landschaft, in der die Geologie Geschichten schreibt. Mit nur 1000 Millimetern Spurweite nimmt sie enge Kurven mit einer Eleganz, die an Bergziegen erinnert. Die Dampflokomotive 11sm, gebaut 1906 von der Maschinenfabrik Jung, ist eine sogenannte Mallet-Lok – ihre gelenkige Bauweise ermöglicht es, auch durch die krümmungsreichsten Abschnitte des Tals zu dampfen. Zwei Dampfzylinderpaare treiben unabhängig die beiden Fahrgestelle an – Technik mit Gefühl, die auf schwerem Gelände tanzt.

Bald taucht der Zug ein in die Schlucht des Brohlbachs. Steile Hänge erheben sich links und rechts, durchzogen von dichten Laubwäldern. Moos bedeckt die Felsen, zwischen Astwerk flackert das Licht. Der Duft von feuchter Erde mischt sich mit dem scharfen Rauch der Lok, der aus dem Schornstein aufsteigt und hinter den Wagen in der Luft verfliegt wie eine Erinnerung.

Die Bahn folgt dem Lauf des Brohlbachs, überquert Brücken, durchfährt kurze Einschnitte, streift kleine Dörfer wie Tönisstein und Bad Tönisstein, wo einst ein berühmtes Heilbad lag. Nur noch Ruinen erzählen davon. Die Lok stampft weiter, vorbei an Wiesen, an grasenden Kühen, vorbei an Lavabergen und Basaltkegeln – stille Zeugen einstiger Ausbrüche.

Brohltalbahn auf Viadukt

Langsam gewinnt der Zug an Höhe. Der Dampf zischt unter Volldruck, in regelmäßigem Takt arbeiten die Schieber und Kolben. Die Steigung beträgt stellenweise bis zu 4 Prozent – eine Herausforderung für jede Lok, doch die 11sm meistert sie mit Würde. Man hört sie arbeiten, spürt, wie die Technik in ihrem Innersten lebt.

Empfangsgebäude Bahnhof Burgbrohl

In Burgbrohl ist ein kurzer Halt – genug Zeit für einen Gruß aus dem Fenster, ein Lächeln zurück. Dann weiter. Der Zug windet sich durch die Felder, vorbei an Obstwiesen und kleinen Höfen. Die Eifel öffnet sich wie ein altes Buch: Mit jedem Kilometer lesen wir darin, in Vulkanasche und Weinreben, in kleinen Kapellen und verlassenen Steinbrüchen.

Der Zug nähert sich seinem Ziel – Oberzissen, Endpunkt der regulären Dampffahrt, auf 216 Metern über dem Meeresspiegel. Die Räder singen auf den letzten Metern ein langsames Lied, die Dampfschwaden werden weniger. Mit einem sanften Ruck kommt der Zug zum Stehen.

Die Mallet atmet aus. Es zischt, es klopft leise. Aus dem Führerstand steigt ein Rußgeruch empor, durchmischt mit Wärme und Zeit. Die Reisenden steigen aus, doch keiner geht sofort weiter – denn jeder weiß: Wer hier ankommt, trägt etwas mit sich fort.

Reise um die Erde – Dresden – Barockperle an der Elbe

Der Morgen brach an, als wir unser fliegendes Fahrrad erneut in Bewegung setzten und in den Himmel stiegen. Unter uns entfaltete sich ein Meer aus Felsen und Wäldern – das Elbsandsteingebirge. Türme aus Stein ragten wie versteinertes Feuer gen Himmel, zerklüftet und doch majestätisch, als hätte ein Riese sie mit einem einzigen Schlag aus der Erde gemeißelt. Die Sonne tastete mit goldenem Licht über ihre rauen Kanten, und der Nebel in den Tälern löste sich in feine Schleier auf, die uns den Weg wiesen.

Wir folgten der Elbe, die sich schimmernd zwischen den Felsen wand wie eine klingende Saite. Und dort, wo der Strom weit und ruhig wird, erhob sich am Horizont eine Stadt, die wie eine Schatztruhe aus Sandstein glänzte: Dresden, die einstige Residenz der sächsischen Kurfürsten, heute wiedergeboren als Barockjuwel an der Elbe.

Langsam senkten wir uns, und das Panorama der Altstadt öffnete sich vor uns. Mitten darin ragte die gewaltige Kuppel der Frauenkirche auf, ein Triumphbogen des Glaubens und der Baukunst, 1726 begonnen, 1945 in Schutt gefallen, und doch auferstanden – Stein für Stein, wie aus einer Partitur der Geduld neu komponiert. Am Fuße der Kirche breitete sich der Neumarkt aus, gesäumt von rekonstruierten Fassaden, die in sanften Pastellfarben vom alten Glanz Dresdens erzählten.

Wir traten sanft in die Pedale und ließen unser Fahrrad über die Brühlsche Terrasse schweben – einst „Balkon Europas“ genannt. Unter uns promenierten Menschen zwischen steinernen Geländern und goldenen Laternen, und die Elbe schimmerte träge zu ihren Füßen. Jenseits des Ufers glitten weiße Schaufelraddampfer über das Wasser, als grüßten sie uns mit leisem Pfeifen.

Unser Blick schweifte weiter zum Residenzschloss, dessen Mauern die Pracht und Macht vergangener Jahrhunderte in sich trugen. Nicht weit davon lag der berühmte Zwinger, jenes barocke Meisterwerk von Pöppelmann, dessen Bogengalerien, Pavillons und Skulpturen wie ein steinernes Theater wirkten, geschaffen für Feste, Musik und das Licht des Tages.

Noch ein Stück weiter – und da stand sie, die Semperoper, würdevoll und harmonisch, als hätte sie die Klänge Webers, Wagners und Strauss’ in ihre Mauern eingeschlossen. Ich meinte, für einen Augenblick das ferne Echo von Ouvertüren zu hören, die durch die Jahrhunderte schwebten.

„Dresden“, sagte mein Gefährte leise, „ist wie eine Partitur aus Sandstein – jeder Bau ein Ton, jede Straße ein Takt, und die Elbe selbst das leise Fließen der Melodie.“

Wir hielten inne, schwebten in einem weiten Bogen über der Stadt und ließen den Blick noch einmal zurück zum Elbsandsteingebirge gleiten, das wie ein Wächter hinter Dresden stand. Dann richteten wir unseren Kurs nach Norden – bereit für das nächste Kapitel unserer Reise.


Aufbruch am Rhein – Die Mallet erwacht

„Die Fahrtkarten bitte!“ Wer hier an Bord steigt, tritt nicht nur eine Reise durch ein wunderschönes Tal an, sondern auch durch die Zeit. Die Fahrkarten für einen entdeckungsreichen Tag liegen bereit.

Der Morgen legt noch feinen Nebel über den Rhein, als im Bahnhof Brohl-Lützing ein leises Zischen durch die kühle Luft schneidet. Es ist kein alltägliches Geräusch – es ist das Signal einer Reise, die weit mehr verspricht als bloß eine Fahrt auf Schienen.

Hier, wo sich das Wasser des Stroms und die Basaltfelsen der Vulkaneifel begegnen, beginnt das Abenteuer der Brohltalbahn, von Einheimischen liebevoll „Vulkan-Express1) genannt.

Brohltalfahrkarte

Seit 1901 windet sich diese meterspurige Schmalspurbahn durch das Tal des Brohlbachs hinauf in die Eifel. Nur 17,5 Kilometer misst ihre Strecke, doch jede Kurve birgt Geschichte: Einst als Transportweg für Basalt und Tuffstein gebaut, trägt sie heute Besucher auf einer Zeitreise zwischen Fluss und Vulkanen.

Karte Streckenverlauf Brohltal-Schmalspureisenbahn
Mallet Brohltalbahn 11sm Saint-Valery-Canal 2021-a

Mitten im Blickpunkt steht an diesem Vormittag eine ganz besondere Protagonistin: Dampflokomotive 11sm, eine Mallet-Lok aus dem Jahr 1906. Ihr Name wirkt nüchtern, doch vor dem ersten Schlag der Kolben pulsiert eine stille Kraft, die gleich in Bewegung erwacht.

Auf dem Gleis gegenüber stehen Reisende – einige lehnen neugierig über die niedrigen Bahnsteige, andere heben bereits ihre Kameras. Ein dumpfes Rumpeln kündigt den Beginn der Vorbereitung an: Die dunkelgrüne Lok wird mit Kohle befüllt, Stück für Stück verschwindet der glänzende Brennstoff im Bunker. Ein kurzer Windstoß treibt Kohlestaub in die Sonne – das Licht bricht sich in schwebenden Partikeln, als hätte jemand Sternenstaub über den Tender gestreut.

Kurz darauf öffnet sich der Wasserkrahn wie ein Arm, der der Maschine ein Lebenselixier reicht. Mit einem Schwall strömt das klare Nass in den Durst des Kessels, begleitet von einem dumpfen Gluckern. Die Luft riecht nach feuchtem Metall, Rauch und Erwartung.

Langsam wird die Lok an die wartenden Wagen herangeführt und angekuppelt – Lok und Zug sind nun eins, bereit für den Aufstieg in die Eifel.

Ein schriller Pfiff durchschneidet die Szene. Köpfe wenden sich, Kinder heben die Arme, als wollten sie mitwinken. Die 11sm antwortet mit einem kräftigen Ausstoß weißen Dampfes, der sich wie ein Banner über den Bahnsteig legt. Minuten später setzt sich der Zug in Bewegung, ruckend, dann fließend – die Räder greifen, und mit jedem Schlag der Zylinder rückt die Landschaft des Brohltals näher.

1) Website „Vulkan-Express“ https://www.vulkan-express.de/